Liebe Pilgerinnen und Pilger,
Vertrauen ist ein kostbares Gut. Wie kostbar dieses Gut ist, erlebt die katholische Kirche in unserem Land gerade schmerzlich. Denn glaubt man den Umfragen, so ist die katholische Kirche eine der Institutionen in unserem Land, der man mit am wenigsten vertraut. Nicht zuletzt die Verbrechen sexuellen Missbrauchs und deren Vertuschung haben Vertrauen erschüttert, dass nur ganz schwer – wenn überhaupt — zurückgewonnen werden kann.
Ohne Vertrauen kann menschliches Zusammenleben nicht gelingen. Ohne ein Grundvertrauen in Gott und Mensch kommt man im Leben nicht weit. Umso schwerer wiegt das Verbrechen des Missbrauchs, der eben dieses Grundvertrauen für viele Menschen unwiderruflich zerstört hat.
Wenn die Berglichter Wallfahrt in diesem Jahr sich das Motto “Habt Vertrauen – gestern – heute und morgen” gibt, dann ist das nicht nur ein gutes Motto sondern auch ein Auftrag für eine jede und jeden von uns: Wir sollen mitbauen an einer Kirche und einer Welt, in der Vertrauen möglich sind und es immer unmöglicher wird, dieses zu missbrauchen.
Maria, die wir in Berglicht als Unsere Liebe Frau vom Berge verehren, ist zunächst einmal ein Mensch, der von Gott so beschenkt wurde, dass er glauben, d.h. vertrauen konnte. Bei allen nachvollziehbaren Gründen sich selbst, der Menschheit und auch Gott zu misstrauen, sagt sie am Ende Ja zu Gottes Anruf. Sie tut dies nicht blauäugig, sie diskutiert, fragt nach: “Wie soll das geschehen?” Sie macht deutlich, wer glaubt und vertraut, ist nicht doof und schon gar nicht unkritisch. Sie zeigt uns aber auch: Ohne Vertrauen geht es nicht.
Im Berglichter Gnadenbild hält Maria das Jesuskind den Gläubigen hin. Das Kind hat die Arme geöffnet. Mit dieser Offenheit wollen auch wir in Berglicht, alle willkommen heißen, die in diesem Jahr nach Berglicht pilgern. In einer Welt, in der Krisen und Kriege zunehmen, in der auch rechtsradikale Thesen wieder sagbar sind und Remigration und Ausgrenzung die Rede ist, möge uns die Gottesmutter helfen, mehr zu vertrauen als zu misstrauen.
Und unserer Kirche, die viel Schuld auf sich geladen hat, möge das Gnadenbild in Berglicht eine mahnende Erinnerung sein, alles Menschenmögliche zu tun, dass Vertrauen niemals mehr missbraucht und zerstört werden kann. Maria möge uns dabei Orientierung und Hilfe sein!
Dekan Christian Heinz